Der Youngstown-Sheet-and-Tube-Streik von 1937: Eine Krise der Industrialisierung und die Geburtsstunde des Präsidialdekrets

Der Youngstown-Sheet-and-Tube-Streik von 1937: Eine Krise der Industrialisierung und die Geburtsstunde des Präsidialdekrets

Die Geschichte der Vereinigten Staaten ist gespickt mit Wendepunkten, Ereignissen, die das gesellschaftliche Gefüge grundlegend verändert haben. Einer dieser Meilensteine war der Youngstown-Sheet-and-Tube-Streik von 1937, ein Konflikt zwischen Arbeitern und Management, der weitreichende politische und rechtliche Folgen hatte.

Im Herzen des Streits stand die Stahlindustrie, ein Motor der amerikanischen Wirtschaft während der Weltwirtschaftskrise. Die Youngstown Sheet and Tube Company, ein bedeutender Produzent von Stahlprodukten in Ohio, sah sich mit Forderungen ihrer Arbeiter konfrontiert. Die Arbeitsbedingungen waren hart, die Löhne niedrig und die Angst vor Massenentlassungen hing wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Beschäftigten.

Die Gewerkschaft, die United Steelworkers of America (USWA), forderte eine Lohnerhöhung von 15%, eine 40-Stunden-Woche und die Einführung eines Betriebsrats. Die Verhandlungen zwischen Gewerkschaft und Unternehmensleitung scheiterten jedoch kläglich. Die USWA rief zum Streik auf, der sich schnell ausbreitete und Tausende von Arbeitern in Youngstown und darüber hinaus erfasste.

Die Lage eskalierte, als Präsident Franklin D. Roosevelt intervenierte und versuchte, eine Einigung zu vermitteln. Doch Roosevelt sah sich mit einem Dilemma konfrontiert. Auf der einen Seite stand die Forderung nach gerechteren Arbeitsbedingungen für die Arbeiter, auf der anderen Seite das Recht des Managements, seine Entscheidungen selbstständig zu treffen.

Roosevelt entschied sich schließlich für einen ungewöhnlichen Schritt: Er erließ ein Präsidialdekret, das den Streik beenden sollte. Dieses Dekret, bekannt als “Executive Order 7031”, ermächtigte den Arbeitsminister, die Verhandlungen zwischen Gewerkschaft und Management zu leiten und eine verbindliche Lösung zu finden.

Das Dekret stieß auf heftige Kritik. Gegner warfen Roosevelt vor, mit diesem Schritt seine Befugnisse als Präsident zu überschreiten und in die Angelegenheiten privater Unternehmen einzugreifen. Die Rechtslage war unklar, denn die Verfassung der Vereinigten Staaten enthält keine ausdrückliche Regelung, die dem Präsidenten Ermächtigungen im Bereich von Arbeitskonflikten einräumt.

Die USWA begrüßte das Dekret zwar, doch es gelang nicht, den Streik sofort zu beenden. Erst nach langwierigen Verhandlungen und Kompromissen beider Seiten konnte eine Einigung erzielt werden. Die Arbeiter erhielten zwar nicht alle ihre Forderungen erfüllt, aber sie gewannen wichtige Zugeständnisse in Bezug auf Löhne und Arbeitsbedingungen.

Der Youngstown-Sheet-and-Tube-Streik von 1937 hatte weitreichende Folgen:

  • Rechtliche Klärung: Der Streik löste eine Debatte über die rechtlichen Befugnisse des Präsidenten in Arbeitskonflikten aus. Das Thema wurde schließlich vor dem Obersten Gerichtshof der USA verhandelt, der mit einemlandmark ruling das Präsidialdekret für verfassungswidrig erklärte.
  • Stärkung der Gewerkschaften: Der Streik zeigte die Macht der Gewerkschaften und trug zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Millionen von Arbeitern in den Vereinigten Staaten bei.
  • Veränderung des politischen Klimas: Die Intervention des Präsidenten im Youngstown-Streik verdeutlichte, dass soziale und wirtschaftliche Fragen zunehmend auch Gegenstand politischer Debatten werden würden.

Die Geschichte des Youngstown-Sheet-and-Tube-Streiks ist mehr als nur eine Episode der amerikanischen Wirtschaftsgeschichte. Sie wirft wichtige Fragen über die Rolle von Staat und Gesellschaft in einem demokratischen System auf, die auch heute noch relevant sind.

Der Youngtown-Sheet-and-Tube-Streik: Ein historisches Kaleidoskop

Um den Youngtown-Sheet-and-Tube-Streik in seiner Gesamtheit zu erfassen, lohnt es sich einen Blick auf die verschiedenen Akteure und ihre Motivationen zu werfen:

  • Die Arbeiter: Die Arbeiter der Youngstown Sheet and Tube Company waren vor allem Immigranten aus Osteuropa und Italien. Sie arbeiteten unter schwierigen Bedingungen für niedrige Löhne und sahen sich mit der ständigen Angst vor Arbeitslosigkeit konfrontiert.
  • Die Gewerkschaft: Die United Steelworkers of America (USWA) kämpfte für die Interessen der Arbeiter. Sie forderte bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und die Einführung eines Betriebsrats.

| Forderung | Begründung |

|—|—|

| Lohnerhöhung um 15% | Ausgleich für Inflation und niedrige Löhne |

| Einführung einer 40-Stunden-Woche | Verbesserung der Arbeitsbedingungen und mehr Freizeit |

| Betriebsrat | Mitbestimmung der Arbeiter bei betrieblichen Entscheidungen |

  • Die Unternehmensleitung: Die Youngstown Sheet and Tube Company war ein profitabler Betrieb, der jedoch mit dem Druck der Gewerkschaft konfrontiert war.
  • Präsident Roosevelt: Franklin D. Roosevelt sah sich in einer schwierigen Lage zwischen den Interessen der Arbeiter und denen des Managements. Er versuchte eine Lösung zu finden, die beiden Seiten gerecht wurde, ohne seine eigenen politischen Ziele zu gefährden.

Die Ereignisse im Youngtown-Sheet-and-Tube-Streik sind ein faszinierendes Beispiel dafür, wie komplexe soziale und wirtschaftliche Fragen in der amerikanischen Gesellschaft verhandelt wurden. Der Streik zeigte auch die Macht der Gewerkschaften und ihre Rolle im Kampf für faire Arbeitsbedingungen.